
Es braucht ein Dorf…
„Hallo, Kinder, hallo Frau Schuhmann!“, so kommt oft ein schneller Gruß über den Zaun unserer Kita, wenn ich mit den Kindern im Garten spiele, tobe oder auf Forschertour gehe. Unsere Dorfbewohner kennen uns alle ganz gut und freuen sich, wenn sie uns im Garten beim Spielen oder bei Spaziergängen durchs Dorf treffen und ein kurzes Schwätzchen machen können. Ob eine Mama hoch zu Ross, eine taffe Seniorin mit ihrem Hund oder ein vorbeibrausender Traktor, dessen Fahrer laut hupt- es ist immer etwas Besonderes für unsere Kinder, wenn sie freudig an den Zaun rennen können, schauen, erzählen, fragen oder zuwinken. Auch für die Senioren ist es immer wieder eine Freude, wenn wir sie zu ihrem Geburtstag ehren und mit einem Besuch, einem Ständchen und einem bunten Blümchen überraschen. Aufgeregt steht die über 90jährige Frau M. schon immer an der Haustür oder Frau Sch. schaut aus dem Fenster, um die nahende fröhliche Kindergruppe zu begrüßen. Ja bei uns in Groß-Luja geht es miteinander sehr herzlich zu.
Unsere Kita ist in der Region die Kleinste und hat Platz für 28 Kinder. Sie liegt mitten im Ort nahe der Kirche, dem Sportplatz, umgeben von schönen Eigenheimen, Wiesen und kleinen Wäldchen. Unsere Kita besuchen nicht nur Kinder aus Groß-Luja, sondern auch aus den umliegenden Orten und aus Spremberg, denn bei uns geht es sehr familiär, individuell und vertrauensvoll zu.
Erst neulich freuten sich die Kinder wieder sehr, als E., die taffe Seniorin, mit ihrem Hund am Zaun mit den Kindern und mir ins Gespräch kam. Sie erzählte von einem Unfall in der Nähe der Kita, von Krankenwagen, Feuerwehr und umgestürzten Bäumen. Aufgeregt lauschten die Kinder ihren Erzählungen und verschafften sich nach dem Abholen aus der Kita mit ihren Eltern selbst ein Bild vom Geschehen. Am nächsten Tag war es gleich Thema im Morgenkreis.
Auch eine junge Mama, die sich mit ihrem Kind im Babyjahr befindet, kommt hin und wieder an der Kita vorbei, klingelt und fragt nach, ob sie ein Weilchen mit Klein F. zum Spielen bleiben kann. „Na klar!“, winkt die anwesende Erzieherin sie herein.
So gibt es noch viele weitere Beispiele, wie das Dorfleben unsere pädagogische Arbeit in der Kita bereichert und anders herum. Programme beim jährlichen Dorffest und weihnachtlichen Lichterfesten führen unsere Kinder gern auf, auch zur Seniorenweihnachtsfeier werden sie eingeladen. Deshalb haben sie in der Kita auch immer viel zu tun, lernen neue Lieder und Gedichte, studieren kleine Aufführungen ein und lernen vieles über das Dorfleben und dessen Traditionen. Neugierig und mutig stellen sie auch den Dorfbewohnern, die sie treffen, ihre interessierten Fragen: „Warum hast Du einen Stock?“, „Wieso sitzt Du in einem Rollstuhl?“, „Wie heißt denn Dein Hund?“, „Wann kommt denn Dein Baby zu uns?“, „Darf ich Dein Pferd auch mal streicheln?“ uvm. Daraus entstehen auch manchmal kleine Projekte, die mit den Kindern über mehrere Tage entwickelt werden.
Wichtig für uns ErzieherInnen ist es, mit den Dorfbewohnern ins Gespräch zu kommen, Beziehungen zwischen jung und alt aufzubauen und zu pflegen. Denn: Es braucht ein ganzes Dorf, aus wissbegierigen interessierten kleinen Kindern starke selbstbewusste freundliche Erwachsene wachsen und gedeihen zu lassen!
Martina Schuhmann