Spremberg. Auf Lehrplänen stehen Mathematik, Englisch und Musik – aber einander zuhören, Kompromisse aushandeln und Konflikte respektvoll und besonnen lösen? Dem sozial-emotionalem Training müssen Schulen in der Regel eigeninitiativ Platz einräumen. Die 120 Schülerinnen und Schüler des Lausitzer Haus des Lernens haben in der vergangenen Woche mit Anti-Mobbing-Coach Stefan Klang von „safety first“ ein Konflikttraining durchlaufen.

Die Geschichte vom zerknüllten Papier

Schulleitung Daniela Hecht: „Neben fachlicher Aneignung sehen wir auch die soziale Entwicklung und das mentale Wohlbefinden unser Schüler in unserer Verantwortung. Wir möchten die Kinder zum konstruktiven Streiten befähigen. Während der Projekttage lernen sie ihre eigene Wahrnehmung kennen, einander zuzuhören, anzunehmen und Befindlichkeiten zu reflektieren.“  Die Methoden vermittelt Stefan Klang spielerisch und didaktisch altersgerecht. Ein Beispiel: Die Kinder malen ein glückliches Gesicht auf ein Blatt und er fordert sie auf, es – simuliert wütend – zusammenzuknüllen – so wie es sinnbildlich bei einem verletzenden Streit geschieht oder einem bösen Wort geschieht. Danach sollen sie versuchen, das Blatt wieder zu glätten und merken:  Die tiefen Furchen, die das brutale Zusammenknüllen hinterlassen hat, bleiben sichtbar. Bis das Blatt wieder in seiner ursprünglichen Form zurück ist, dauert es lange – wenn es überhaupt gelingt. Bei einer anderen Übung sollen die Kinder sich einen Ball zuwerfen mit verschiedenen mimischen und gestischen Darstellungen. Schmettere ich beispielsweise den Ball jemanden wütend entgegen, hat er kaum eine Chance, ihn zu fangen – ähnlich wie im Zorn gesagte Worte.

Nachfragen, nachfragen, nachfragen!

Welche Erkenntnis die Schülerinnen und Schüler am Ende des Trainingstages mit nach Hause nehmen?  Emil aus der zweiten Klasse bringt es mit einer Ein-Wort-Antwort auf den Punkt: „Nachfragen!“  Was meint mein Gegenüber mit seiner Äußerung, die mich verletzt, was geht in ihm vor und warum schaut er eigentlich so? Die Kinder haben erfahren, wie wichtig ein Perspektivwechsel ist und ja – dass das etwas ist, was sie im wörtlichen Sinne üben müssen, ebenso wie Vokabeln und Buchrechnung. Sie wollen weg vom schnellen beurteilen und reagieren, hin zum Erkunden und Ergründen der Beweggründe des Gegenübers. „Das Hineinversetzen in den anderen erweist sich als eines der wirksamsten Mittel, um Eskalationen zu vermeiden“, erklärt Stefan Klang. Das Konflikttraining war ein voller Erfolg, alle Klassen enthusiastisch bei der Sache, natürlich immer im Beisein ihrer Lehrkräfte.

Geschäftsführer des Albert-Schweitzer-Familienwerks Brandenburg Kai Noack: „Uns ist wichtig, dass unsere Schule ein Wohlfühlort ist. Die Kinder sollen wissen: Hier passiert mir nichts. Ich werde gesehen und respektiert. Mit gezielten Trainings möchten wir nur den Zusammenhalt in der Klasse stärken: im besten Fall lernen die Kinder frühzeitig eine gesunde Streitkultur, die sich positiv auf ihr gesamtes Leben auswirkt.“

Ermöglicht wurde das Projekt durch finanzielle Mittel des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ des Landes Brandenburg.